Einleitung
In dieser Folge des Huberman Lab Podcast lädt Gastgeber Andrew Huberman Ari Wallach ein, Futurist und außerordentlicher Professor an der School of International and Public Affairs der Columbia University. Wallach spricht über die Bedeutung langfristigen Denkens und darüber, wie wir als Einzelne und als Gesellschaft eine Zukunft gestalten können, die kommenden Generationen zugute kommt. Das Gespräch verbindet Neurowissenschaft, Psychologie und Sozialwissenschaft, um einige der drängendsten Fragen darüber zu erörtern, wie wir heute leben und wie sich unser Handeln auf künftige Generationen auswirken kann. Der Ton ist nachdenklich und zukunftsorientiert und bietet praktische Lösungen zur Förderung von Empathie und langfristiger Planung.
Wesentliche Erkenntnisse
- Geistige Zeitreise: Der Mensch zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, in die Zukunft zu projizieren, indem er vergangene Erfahrungen nutzt, um sich künftige Ergebnisse vorzustellen und zu planen.
- Präsentismus vs. Langfristiges Denken: Moderne Technologie und Kultur zwingen uns oft zu kurzfristigem Denken, was es uns erschwert, für die Zukunft zu planen.
- Generationenübergreifende Empathie: Empathie muss sich über uns selbst hinaus auf vergangene und künftige Generationen erstrecken und verlangt von uns, die langfristigen Auswirkungen unseres Handelns zu berücksichtigen.
- Emotionen treiben zukunftsorientierte Entscheidungen voran: Eine emotionale Bindung an die Zukunft hilft, Handlungen zu motivieren, die die Zukunft gestalten, anstatt sich auf rein kognitive Pläne zu verlassen.
- Kathedralen-Denken: Wir müssen für eine Zukunft bauen, die wir vielleicht nicht mehr erleben werden, ähnlich wie die Architekten antiker Kathedralen, die wussten, dass ihr Werk für zukünftige Generationen bestimmt war.
Zusammenfassungen
Die mentale Zeitreise verstehen
Das Gespräch beginnt mit der Erforschung der einzigartigen menschlichen Fähigkeit zur "mentalen Zeitreise" - unserer Fähigkeit, uns in die Zukunft zu projizieren und dabei vergangene Erfahrungen als Bezugspunkte zu nutzen. Wallach erklärt, dass dies ein entscheidendes Merkmal der Menschheit ist, das es uns ermöglicht, Ziele zu setzen, Ergebnisse zu planen und gemeinsam an einer besseren Zukunft zu arbeiten. Er hebt jedoch hervor, dass diese Fähigkeit durch die Tendenz des modernen Lebens zu sofortiger Befriedigung und kurzfristigem Denken zunehmend beeinträchtigt wird.
Huberman fügt eine neurowissenschaftliche Perspektive hinzu und stellt fest, dass dopamingesteuerte Belohnungssysteme im Gehirn oft unmittelbare Ergebnisse gegenüber langfristigen Vorteilen bevorzugen. Dies ist in der heutigen Welt, in der Benachrichtigungen, schnelllebige Technologie und gesellschaftlicher Druck die Menschen in kurzfristigem Denken gefangen halten, besonders relevant. Die Herausforderung besteht laut Wallach darin, dies mit der Notwendigkeit einer langfristigen Planung in Einklang zu bringen, und zwar nicht nur für uns selbst, sondern auch für künftige Generationen.
Die Fallstricke des Präsentismus
Wallach führt das Konzept des "Präsentismus" ein, bei dem die Gesellschaft so sehr auf den gegenwärtigen Moment konzentriert ist, dass das Nachdenken über die Zukunft zur Nebensache wird. Er führt dieses Phänomen auf unsere evolutionären Wurzeln zurück und erklärt, dass das Überleben unserer Vorfahren von der unmittelbaren Reaktion auf Bedrohungen abhing. In der heutigen Welt jedoch hindert uns das ständige Bedürfnis, auf kurzfristige Reize wie Telefonbenachrichtigungen zu reagieren, daran, sinnvoll über die Zukunft nachzudenken.
Beide, Wallach und Huberman, erörtern, wie dieser kurzfristige Fokus zu globalen Problemen wie Klimawandel und politischer Instabilität beigetragen hat. Wenn Menschen so sehr mit dem täglichen Überleben oder der unmittelbaren Befriedigung beschäftigt sind, verlieren sie die Fähigkeit, die langfristigen Auswirkungen ihres Handelns zu bedenken. Wallach vertritt die Auffassung, dass dieser "verkürzte zeitliche Horizont" eine der größten Herausforderungen ist, vor denen die Menschheit heute steht.
Generationenübergreifende Empathie und Zukunftsplanung
Ein wichtiges Thema der Folge ist Wallachs Idee der "generationenübergreifenden Empathie" Er argumentiert, dass wir, um eine bessere Zukunft zu schaffen, Empathie nicht nur für uns selbst und die Menschen um uns herum, sondern auch für zukünftige Generationen entwickeln müssen. Dazu gehört es, über unsere unmittelbaren Bedürfnisse hinaus zu denken und zu überlegen, wie sich unser heutiges Handeln auf diejenigen auswirkt, die nach uns kommen.
Wallach erklärt, dass diese Art von Empathie zunächst Selbstmitgefühl erfordert. Er erzählt eine persönliche Geschichte, in der er mit Schuldgefühlen kämpfte, weil er in den letzten Tagen seines Vaters nicht bei ihm war, um dann zu erkennen, dass er mit den ihm damals zur Verfügung stehenden emotionalen Mitteln das Beste getan hatte. Dieses Selbstmitgefühl ist die Grundlage für die Entwicklung von Empathie für andere, auch für die, die in der Zukunft liegen.
Emotionen als Anker für langfristige Entscheidungen
Emotionen spielen laut Wallach eine Schlüsselrolle bei der Motivation für langfristiges Denken. Er erklärt, dass wir Entscheidungen zwar oft als rein intellektuellen Prozess betrachten, dass es aber letztlich die Emotionen sind, die uns zum Handeln bewegen. Wenn wir uns emotional mit der Zukunft verbinden, ist es wahrscheinlicher, dass wir heute Schritte unternehmen, die zu einem besseren Morgen führen.
Huberman stimmt dem zu und fügt hinzu, dass die Neurowissenschaften diese Idee unterstützen. Emotionen, so erklärt er, können als eine Art "Anker" fungieren, der uns auf zukünftige Ziele hinzieht. Das Gespräch berührt, wie Marketing und Medien Emotionen oft ausnutzen, um unmittelbare Handlungen voranzutreiben, aber das gleiche Prinzip kann angewandt werden, um langfristige, zukunftsorientierte Entscheidungen zu fördern.
Kathedralen-Denken und Bauen für die Zukunft
Eine der fesselndsten Ideen, die in der Episode diskutiert wird, ist das "Kathedralen-Denken" - die Vorstellung, heute etwas zu bauen, das sein volles Potenzial erst lange nach unserem Tod erreichen wird. Wallach führt das Beispiel antiker Kathedralen an, deren Architekten und Baumeister wussten, dass sie das fertige Bauwerk nie zu Gesicht bekommen würden, und dennoch unermüdlich daran arbeiteten, dass künftige Generationen von ihren Bemühungen profitieren können.
Diese Philosophie ist entscheidend für die Bewältigung globaler Herausforderungen wie Klimawandel und technologische Störungen. Wallach fordert die Zuhörer auf, sich diese Denkweise zu eigen zu machen und sich auf Maßnahmen zu konzentrieren, die vielleicht nicht sofortige Erfolge bringen, aber eine dauerhafte Wirkung für künftige Generationen haben werden. Huberman schließt sich dieser Meinung an und weist darauf hin, dass kurzfristige Erfolge zwar wichtig sind, das wahre Vermächtnis aber darin besteht, etwas zu schaffen, das Bestand hat.
Zusammenfassung
Diese Folge des Huberman Lab Podcasts bietet eine tiefgreifende Untersuchung der Frage, wie wir von kurzfristigem, reaktionärem Denken zu einer stärker zukunftsorientierten Denkweise übergehen können. Durch langfristige Planung, generationenübergreifende Empathie und Kathedralen-Denken plädieren Wallach und Huberman für eine neue Lebensweise, die das Wohlergehen künftiger Generationen in den Vordergrund stellt.
Das Gespräch fordert uns heraus, unsere gegenwärtigen Bedürfnisse mit den langfristigen Auswirkungen unseres Handelns abzuwägen. Es ist eine zum Nachdenken anregende Diskussion, die die Zuhörer dazu auffordert, über das Unmittelbare hinaus zu denken und eine Zukunft aufzubauen, die nicht nur uns selbst, sondern auch denen zugute kommt, die nach uns kommen.