In dieser Folge des Huberman Lab Podcast trifft sich der Neurowissenschaftler Dr. Andrew Huberman mit Dr. Ellen Langer, einer Professorin für Psychologie an der Harvard University und führenden Expertin für die Verbindung von Körper und Geist. Dr. Langers bahnbrechende Forschungen haben gezeigt, wie unsere Gedanken unsere körperliche Gesundheit, unsere kognitiven Funktionen und unsere Lebenserwartung beeinflussen können. Sie erörtern, wie die Denkweise die biologische Alterung, den Krankheitsverlauf und das allgemeine Wohlbefinden beeinflusst, wobei die wichtigsten Erkenntnisse aus Dr. Langers bahnbrechenden Studien stammen.
Wesentliche Erkenntnisse
- Unsere Denkweise hat einen erheblichen Einfluss auf Gesundheit und Langlebigkeit.
- Umwelt- und psychologische Faktoren können die biologische Alterung beeinflussen.
- Achtsamkeit ist nicht nur Meditation - sie ist eine Art, sich mit der Welt auseinanderzusetzen.
- Sprache und Etiketten können Gesundheitsergebnisse und persönliche Identität prägen.
- Die Placebo- und Nocebo-Effekte zeigen die Macht des Geistes über den Körper.
- Das Erkennen von Ungewissheit führt zu einem tieferen Bewusstsein und zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Leben.
- Stress kann tiefgreifende negative Folgen für die Gesundheit haben, aber seine Auswirkungen können durch eine andere Denkweise verändert werden.
- Die persönliche Kontrolle über das tägliche Leben kann zu einem besseren Wohlbefinden und sogar zu einer längeren Lebensdauer führen.
Hauptpunkte
Die Macht der Denkweise beim Altern
Dr. Langer erörtert ihre berühmte Gegen den Uhrzeigersinn-Studie, in der ältere Teilnehmer in einer nachgerüsteten Umgebung lebten, die ihrer Vergangenheit von vor 20 Jahren ähnelte. Indem sie in diese Umgebung eintauchten, erlebten sie signifikante Verbesserungen der körperlichen und kognitiven Funktionen - ein Beweis dafür, dass eine veränderte Wahrnehmung von Alter und Fähigkeiten die Gesundheit beeinflussen kann. Die Teilnehmer zeigten eine verbesserte Sehkraft, eine bessere Körperhaltung, ein besseres Gedächtnis und eine stärkere Handkraft. Diese Studie ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie Gehirn und Körper grundlegend miteinander verwoben sind und wie die Wahrnehmung biologische Prozesse direkt beeinflussen kann.
Dr. Langer betont, dass die Auswirkungen des Alterns nicht allein auf biologische Abbauprozesse zurückzuführen sind, sondern weitgehend von unseren Erwartungen und unserer sozialen Prägung beeinflusst werden. Viele Menschen nehmen unbewusst eine "gealterte" Denkweise an und glauben, dass sie langsamer werden oder gebrechlich werden müssen, nur weil sie eine bestimmte Anzahl von Jahren erreichen. Die Forschung legt jedoch nahe, dass die Ablehnung dieser vorgefassten Meinung und die Annahme einer vitalen Einstellung vielen der mit dem Altern verbundenen Symptome entgegenwirken kann.
Achtsamkeit als eine Art des Seins
Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung geht es bei der Achtsamkeit nicht nur um Meditation. Dr. Langer definiert Achtsamkeit als den Akt des aktiven Wahrnehmens neuer Dinge, der das Gehirn beschäftigt und anpassungsfähig hält. Dies unterscheidet sich von der Fokussierung, die geistlos sein kann, wenn sie eine Fixierung ohne Bewusstsein bedeutet. Sie argumentiert, dass Menschen oft in Routinen und automatischen Verhaltensweisen gefangen sind, die zu einem Mangel an Engagement im Leben führen. Indem man bewusst neue Aspekte alltäglicher Situationen wahrnimmt, kann man seinen Geist scharf halten und einem geistigen Verfall vorbeugen.
Sie erörtert auch die Bedeutung von Achtsamkeit von oben nach unten und von unten nach oben. Achtsamkeit von unten nach oben bedeutet, sich aktiv mit seiner Umgebung zu beschäftigen und drei neue Dinge an einem vertrauten Ort oder einer vertrauten Person zu bemerken. Top-down-Achtsamkeit ist die Erkenntnis, dass alles im Fluss ist - unser Verständnis von Situationen ändert sich, wenn sich unser Wissen und unsere Perspektiven weiterentwickeln. Diese Art der Achtsamkeit hilft den Menschen, anpassungsfähig zu bleiben und auf die sich ständig ändernden Lebensumstände zu reagieren.
Placebo, Nocebo und die Rolle der Wahrnehmung
Dr. Langer erklärt, wie Erwartungen physiologische Reaktionen beeinflussen. In einer Studie mit Hotelzimmermädchen haben diejenigen, denen gesagt wurde, dass ihre täglichen Aufgaben als Sport zählen, an Gewicht verloren und ihre Gesundheitskennzahlen verbessert, obwohl sich ihre körperliche Aktivität nicht veränderte. Dies veranschaulicht die Fähigkeit der Psyche, Körperfunktionen zu beeinflussen.
Außerdem erörtert sie den Nocebo-Effekt, der das Gegenteil des Placebo-Effekts ist. Wenn Menschen glauben, dass ihnen etwas Negatives widerfährt, ist es wahrscheinlicher, dass sie diese negativen Auswirkungen erleben. Dies ist besonders relevant bei medizinischen Diagnosen - wenn jemandem gesagt wird, er habe eine chronische Krankheit mit einer schlechten Prognose, kann es sein, dass er sich unbewusst dieser Erwartung anpasst und seinen Zustand verschlimmert.
Befreiung von Etiketten und Annahmen
Etiketten wie "Alter", "Krankheit" und "Seuche" prägen die Realität oft mehr, als uns bewusst ist. Eine Person, bei der eine chronische Erkrankung diagnostiziert wurde, kann sich aufgrund ihres Glaubens an ihre Diagnose und nicht aufgrund des tatsächlichen Krankheitsverlaufs zurückziehen. Ein achtsames Bewusstsein für die Variabilität von Symptomen kann verhindern, dass sich negative gesundheitliche Folgen selbst verstärken.
Dr. Langer kritisiert, dass medizinische Diagnosen komplexe Zustände oft zu stark vereinfachen und Patienten dazu verleiten, sich in einschränkender Weise mit ihrer Krankheit zu identifizieren. Sie schlägt vor, Diagnosen nicht als endgültig zu betrachten, sondern als fließende Zustände, die sich je nach Einstellung und Verhalten ändern können.
Gesundheit, Kontrolle und die Rolle der Wahl
Dr. Langer berichtet über Erkenntnisse aus ihren Studien, die zeigen, dass eine größere persönliche Kontrolle - z. B. die Möglichkeit für Bewohner von Pflegeheimen, kleine Entscheidungen zu treffen - zu einem besseren Wohlbefinden und einer höheren Lebenserwartung führt. Das Gefühl, selbst über seine Lebensumstände bestimmen zu können, kann eine wirksame Gesundheitsmaßnahme sein.
Ihre frühen Arbeiten in Pflegeheimen ergaben, dass Bewohner, die einfache Entscheidungen treffen durften, wie z. B. den Film, den sie sehen wollten, oder die Gestaltung ihres Zimmers, länger lebten als diejenigen, denen eine solche Entscheidungsmöglichkeit nicht gegeben wurde. Diese Forschung unterstreicht die Bedeutung der Autonomie für die allgemeine Gesundheit und zeigt, wie selbst kleine Entscheidungen tiefgreifende biologische Auswirkungen haben können.
Die Auswirkungen von Stress und wie man ihn umgestalten kann
Chronischer Stress ist eine der größten Ursachen für schlechte Gesundheit. Ein Großteil des Stresses ist jedoch darauf zurückzuführen, wie wir Ereignisse interpretieren, und nicht auf die Ereignisse selbst. Indem wir die Perspektive wechseln und Herausforderungen als Chancen sehen, können wir stressbedingte Schäden mindern.
Dr. Langer betont, dass Stress oft das Ergebnis einer Überschätzung von Bedrohungen in Verbindung mit einer Unterschätzung unserer Fähigkeiten zur Bewältigung ist. Durch das Hinterfragen von Annahmen darüber, was "schlecht" oder "gefährlich" ist, können Menschen unnötigen Stress und seine schädlichen Auswirkungen auf den Körper reduzieren.
Die Zukunft der Medizin: Mind-Body Integration
Dr. Langer stellt sich ein Gesundheitssystem vor, das auf Achtsamkeit basierende Ansätze einbezieht. Von achtsamen Krankenhäusern bis hin zu Maßnahmen, die sich die Rolle des Geistes bei der Heilung zunutze machen - das Potenzial, die Medizin durch psychologische Veränderungen zu revolutionieren, ist enorm.
Sie kritisiert das derzeitige medizinische Modell, das Patienten oft als passive Empfänger von Pflege behandelt, anstatt sie aktiv an ihrer Gesundheit teilhaben zu lassen. Durch die Förderung von Achtsamkeit und Patientenbeteiligung könnten sich die medizinischen Ergebnisse drastisch verbessern.
Zusammenfassung
Dieses Gespräch zwischen Dr. Huberman und Dr. Langer zeigt den tiefgreifenden Einfluss des Geistes auf den Körper. Durch die Kultivierung von Achtsamkeit, die Neuausrichtung von Stress und die Infragestellung starrer Etikettierungen kann der Einzelne seine Gesundheit und Lebensqualität erheblich verbessern. Die wichtigsten Erkenntnisse? Unsere Wahrnehmung der Realität ist formbarer als wir denken - und wenn wir unsere Denkweise ändern, können wir unser Wohlbefinden erheblich verbessern.