Einleitung
In dieser Folge des Podcasts Live Longer World spricht Gastgeberin Aastha Jain mit Charlie, einem Kosmologen mit astrobiologischem Hintergrund, über seine unkonventionelle Theorie zu Krebs. Charlies einzigartige Perspektive verbindet sein Fachwissen über die Evolution der Vielzelligkeit mit Erkenntnissen über die Mechanismen von Krebs. In diesem Gespräch geht es um das adivistische Modell von Krebs, die Geschichte der Zellvermehrung und die evolutionären Faktoren, die die Entstehung von Krebs beeinflussen. Aastha und Charlie gehen auch auf einige kontroverse, aber faszinierende Vergleiche zwischen Krebszellen und unserer frühen Evolutionsgeschichte ein.
Wesentliche Erkenntnisse
- Das adivistische Modell des Krebses legt nahe, dass Krebszellen auf uralte, unregulierte Verhaltensweisen aus der Zeit vor Milliarden von Jahren zurückgreifen.
- Krebs beinhaltet eine unregulierte Zellvermehrung, ähnlich wie in den frühen Phasen des Lebens, bevor sich eine komplexe Vielzelligkeit entwickelte.
- Konventionelle Krebstherapien greifen möglicherweise eher die Stärken als die Schwächen der Krebszellen an, was auf die Notwendigkeit alternativer Strategien hindeutet.
Zusammenfassungen
Ursprünge des Krebses und der Vielzelligkeit
Charlie spricht zunächst über seinen Hintergrund in der Astrobiologie und darüber, wie sein Interesse an Krebs aus dem Studium der Geschichte des Lebens auf der Erde erwuchs. Er erklärt, dass Krebs möglicherweise grundlegend mit der Entwicklung der Vielzelligkeit zusammenhängt, die vor etwa zwei Milliarden Jahren stattfand. In dieser Zeit mussten die Zellen lernen, sich in spezialisierte Funktionen zu differenzieren - etwa ein Organ oder eine Gliedmaße zu bilden - und ihre Vermehrung zu regulieren.
Charlie argumentiert, dass Krebs ein Zusammenbruch dieser Regulierung darstellt. Im Wesentlichen kehren Krebszellen zu früheren, primitiveren Verhaltensweisen zurück und verhalten sich wie Einzeller, die sich ohne jegliche Kontrolle vermehren. Diesen Rückfall versucht das adivistische Modell zu erklären. Das Modell geht davon aus, dass Krebs ein Rückfall in einen Urzustand ist, in dem die Zellteilung unkontrolliert und die Vermehrung die Norm war.
Das adivistische Modell im Vergleich zur herkömmlichen Krebstheorie
In dieser Folge werden die Unterschiede zwischen dem adivistischen Krebsmodell und der herkömmlichen Theorie der somatischen Mutation näher beleuchtet. Nach dem herkömmlichen Modell entsteht Krebs durch zufällige Mutationen in der DNA einer Zelle, die zu unkontrolliertem Wachstum führen. Charlie kritisiert an diesem Modell, dass es nicht in der Lage ist, die schnellen und beständigen Fähigkeiten von Krebszellen zu erklären, wie etwa ihre Fähigkeit, in sauerstoffarmer Umgebung zu überleben oder das Immunsystem zu umgehen.
Das adivistische Modell hingegen bietet eine andere Perspektive - es geht davon aus, dass Krebs nicht nur ein Produkt von Mutationen ist, sondern vielmehr eine Reaktivierung alter zellulärer Programme. Dabei handelt es sich um Programme, die während der frühen Embryogenese oder in primitiven Lebensformen nützlich waren, aber schädlich sind, wenn sie in einem komplexen Organismus wie dem Menschen zum Ausdruck kommen. Dieses Modell bietet einen potenziell besser vorhersehbaren Rahmen, um zu verstehen, wie sich Krebs verhält und wie er behandelt werden könnte.
Warum die derzeitigen Krebsbehandlungen fehlerhaft sind
Eine der wichtigsten Kritiken, die Charlie äußert, betrifft die derzeitigen Krebstherapien, die oft auf die schnelle Vermehrung der Krebszellen mit antimitotischen Medikamenten abzielen. Er argumentiert, dass dieser Ansatz grundsätzlich fehlerhaft ist, weil er auf eine zentrale Stärke von Krebszellen abzielt - ihre Fähigkeit, sich schnell zu teilen -, eine Fähigkeit, die sich vor Milliarden von Jahren entwickelt hat und tief in der zellulären Maschinerie verankert ist.
Stattdessen schlägt Charlie einen Wechsel der Strategie vor: die Schwächen der Krebszellen ins Visier nehmen. Nach dem adivistischen Modell verlieren Krebszellen die neueren, komplexeren Regulierungsmechanismen, die sich zur Aufrechterhaltung der multizellulären Integrität entwickelt haben. Wenn man diese Schwächen versteht, könnte es möglich sein, Therapien zu entwickeln, die Krebszellen selektiv beeinträchtigen, ohne die harten Nebenwirkungen der derzeitigen Behandlungen wie Haarausfall oder Verdauungsprobleme.
Die Rolle von Embryogenese und Evolution
Ein weiterer faszinierender Teil der Diskussion dreht sich um das Konzept der Embryogenese. In den frühen Stadien der menschlichen Entwicklung kommt es zu einer rasanten Vermehrung der Zellen, ähnlich wie bei einem Krebsgeschwür. Charlie zieht Parallelen zwischen diesen Stadien und dem Verhalten von Krebszellen und deutet an, dass dieselben Gene, die für die frühe Entwicklung verantwortlich sind, bei Krebs reaktiviert werden können.
Er erklärt auch, dass bestimmte evolutionäre Überbleibsel, wie die Fähigkeit zur schnellen Zellteilung, beibehalten werden, weil sie in bestimmten Lebensphasen - wie der Wundheilung oder dem frühen embryonalen Wachstum - unerlässlich sind. Wenn Krebs auftritt, werden diese alten Mechanismen nicht richtig aktiviert, was zu unkontrolliertem Wachstum führt. Diese evolutionäre Perspektive liefert ein tieferes Verständnis dafür, warum Krebs so schwer zu behandeln ist und warum er sich oft der körpereigenen Abwehr entzieht.
Zusammenfassung
Das Gespräch zwischen Aastha und Charlie regt zum Nachdenken darüber an, wie Krebs durch eine evolutionäre Brille betrachtet werden könnte. Das adivistische Modell stellt eine überzeugende Alternative zur herkömmlichen Theorie der somatischen Mutation dar und legt nahe, dass Krebs nicht nur ein Produkt von Mutationen ist, sondern auch ein Rückfall in einen alten Zellzustand. Diese Sichtweise könnte den Weg für neue Ansätze in der Krebsbehandlung ebnen - solche, die auf die Schwächen dieser alten zellulären Verhaltensweisen abzielen, anstatt ihre bewährten Stärken anzugreifen.
Insgesamt lädt diese Folge dazu ein, das, was man über Krebs weiß, zu überdenken, und bietet eine nuancierte und evolutionäre Sichtweise, die unsere Herangehensweise an die Behandlung und das Verständnis dieser komplexen Krankheit verändern könnte.